BodyfactsDie Hoden

Hinter dem Penis befindet sich der Hodensack mit je einem Hoden und Nebenhoden auf jeder Seite. Weisst du warum die Hoden außerhalb des Bauchraums liegen? Im ersten Abschnitt dieses Textes geht es um den Aufbau und Funktion des Hodens und des Nebenhodens. Danach beantworten wir ein paar häufige Fragen zu Schmerzen und Verletzungen der Hoden, und was passiert, wenn ein Hoden immer mal nach oben rutscht!

Der Aufbau

Der Hodensack

Der Hodensack ist ein Hautbeutel, der zwei Hoden und Nebenhoden umschließt. Bei Kälte zieht er sich zusammen und rückt damit die Hoden näher an den Körper heran. Bei Wärme entspannt er, so dass die Hoden etwas weiter vom Körper weg hängen. Damit bekommen die Hoden einmal etwas mehr von der Körperwärme ab und einmal etwas weniger, das ist sozusagen die „Klimaanlage“ für die Hoden. Diese Regelung der Temperatur ist für die Funktion der Hoden sehr wichtig! Im Text über die Hoden erfährst du warum. Der Hodensack entspricht den äußeren Labien bei den weiblichen Geschlechtsorganen und geht bei der Entwicklung des Kindes im Mutterleib aus den gleichen Anlagen hervor.

Die Hoden (Testes)

Davon hast du zwei. Ab der Pubertät werden dort täglich zig Millionen Spermien (Samenzellen) zusammen mit dem männlichen Hormon Testosteron, das z. B. für männliches Aussehen, sexuelle Lust und Muskelkraft zuständig ist, gebildet. Der Hoden entspricht den Eierstöcken bei den weiblichen Geschlechtsorganen und geht bei der Entwicklung des Kindes im Mutterleib aus den gleichen Anlagen hervor. Die Spermienproduktion funktioniert am besten bei einer Temperatur von etwa 34-35° C. Deshalb wandern die Hoden kurz vor der Geburt aus dem ca. 37° C warmen Bauch durch den Leistenkanal in den kühleren Hodensack. Meistens liegen die Hoden dort etwas unterschiedlich hoch. 
Übrigens: Wenn die Hoden in der Pubertät einmal damit angefangen haben, Spermien zu produzieren, hören sie damit ein Leben lang nicht mehr auf! Das bedeutet, dass es auch im hohen Alter noch möglich ist Vater zu werden. Allerdings nimmt die Qualität und die Anzahl der Spermien im Alter ab, das heißt z.B., dass diese nicht mehr so gute Schwimmer sind und deswegen nicht mehr so leicht eine befruchtungsfähige Eizelle im Eileiter erreichen können. 

Es gibt viele Dinge, die man tun kann, um auf die Gesundheit der eigenen Hoden zu achten. Ungefähr ab dem 14. Geburtstag ist es sinnvoll, die Hoden einmal im Monat unter der warmen Dusche abzutasten. Dadurch lernst du, wie sich diese normalerweise anfühlen. Man kann dabei übrigens auch die Nebenhoden und bei viel Übung auch den Samenstrang aus Blutgefäßen und Samenleiter tasten! Wenn du dir unsicher bist oder wenn Veränderungen auftreten, vor allem wenn dies nur auf einer Seite der Fall ist und diese vorher nicht da waren, ist es sinnvoll, sich einen Termin in einer urologischen Praxis zu machen. Keine Sorge, nicht alle Veränderungen sind bösartig. Hodenkrebs ist eine seltene Erkrankung, aber wenn sie auftritt, sind vor allem junge Erwachsene betroffen.
Außerdem solltest du sicherstellen, dass du gegen Mumps geimpft ist. Dabei handelt es sich zwar um eine Entzündung der Speicheldrüsen, aber besonders nach der Pubertät kommt es bei circa jeder dritten Erkrankung auch zu einer Entzündung der Hoden. Das ist einerseits sehr schmerzhaft, andererseits kann dadurch hinterher die Fruchtbarkeit durch eine schlechtere Spermienqualität eingeschränkt sein. Die Impfung wird in Deutschland in Kombination mit der Masern- und Rötelnimpfung verabreicht.
Übrigens: Auch Rauchen, Alkohol und Drogen wie zum Beispiel Kiffen können die Qualität der Samenzellen einschränken. Außerdem gilt dies auch für leistungssteigernde Mittel wie Anabolika! Diese sind oft in Nahrungsergänzungsmitteln zum verstärkten Muskelaufbau versteckt. Am Besten vermeidest du solche Mittel ganz. Wenn das keine Option ist, verwende nur Präparate, die auf der sogenannten "Kölner Liste" stehen, da diese auf solche verbotenen Zusatzstoffe getestet wurden! 

Die Nebenhoden

Die Nebenhoden liegen wie eine Mütze oben und an der Rückseite des jeweiligen Hodens. In den Nebenhoden befindet sich bei Erwachsenen je ein bis zu 5-6 m langer Nebenhodengang, der auf 5-6 cm zusammengeknäult ist. Darin reifen die im Hoden produzierten Spermien innerhalb von ca. zwei Wochen aus. Insgesamt dauert die Entwicklung der Spermien von Anfang bis Ende ungefähr zwei bis drei Monate. Im Anschluss werden sie im Nebenhodenschwanz gelagert und beim Samenerguss ausgestoßen. Da der Hoden immer neue Spermien produziert, werden die alten mit der Zeit abgebaut und durch neue ersetzt. Manchmal kommt es - wenn die Speicher voll sind - auch zu einem Samenerguss. Dies passiert meistens im Schlaf.
Übrigens: Ein Samenerguss besteht durchschnittlich nur aus ungefähr einem Teelöffel voll Flüssigkeit (2-6ml). Deswegen finden sich auch bei nächtlichen Samenergüssen häufig morgens nur noch weissliche Flecken in der Unterhose oder in der Bettwäsche. Sobald die Samenflüssigkeit getrocknet ist, sterben die Spermien ab und sind nicht mehr befruchtungsfähig. 

Die Samenleiter

Die Samenleiter transportieren die Spermien aus den Nebenhoden, verbinden sich mit den Ausführungsgängen der Bläschendrüsen, ziehen dann durch die Prostata und münden in der Harn-Samen-Röhre

Übrigens:  Für deine Fruchtbarkeit ist es sehr wichtig, dass die Samenleiter gut durchgängig sind. Durch Entzündungen können sie beispielsweise verkleben. Um dich und andere davor zu schützen, solltest du gut über sexuell übertragbare Erkrankungen Bescheid wissen und zum Beispiel Kondome verwenden!

Wichtige Fragen zum Hoden

Was ist wenn ich einen Tritt in die Hoden bekomme oder ich mir den Hodensack oder die Hoden anders verletze?

Die meisten Hodenverletzungen passieren bei sportlichen Aktivitäten, wie zum Beispiel beim Fahrradfahren, wenn man auf der Fahrradstange landet, bei Ballsportarten oder wenn Gegenspieler*innen versehentlich in die Hoden treten. Das kann sehr unangenehm sein, starke Schmerzen im ganzen Unterleib verursachen und meistens bleibt einem erstmal die Luft weg. Keine Sorge, in den meisten Fällen werden die Schmerzen aber innerhalb einiger Minuten deutlich besser. Allerdings kann es bei schwereren Unfällen auch zu unterschiedlichen Hodenverletzungen kommen. Möglich ist zum Beispiel, dass die schützende Hülle der Hoden reißt ("Hodenbruch") oder dass es zu Hodenquetschungen und/oder größeren Blutergüssen kommt. Die Verletzungen können auch mit weiteren Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Kreislaufbeschwerden und Schwindel einhergehen.

Als Faustregel kannst du dir merken: 
Wenn die Schmerzen nach 15 Minuten noch nicht nachgelassen haben, stelle dich lieber bei Urolog*innen oder in der Notambulanz eines Krankenhauses vor. Denn wenn wirklich etwas passiert ist, ist schnelle Hilfe wichtig, damit die Hoden weiter gut funktionieren.

Aber keine Sorge: Die Ärzt*innen können auch oft Entwarnung geben, nicht jeder Schmerz ist immer ein Zeichen für eine Verletzung, besonders beidseitige Schmerzen können auch bei starker sehr langer Erregung vorkommen. Wenn du dir aber nicht sicher bist, geh lieber einmal zu viel als einmal zu wenig!

Was ist, wenn sich ein Hoden verdreht?

Das ist ein echter Notfall. Eine Hodenverdrehung nennt sich in der Fachsprache Torsion und muss sofort ärztlich, am besten urologisch behandelt werden. Bei der Hodentorsion dreht sich der Hoden um die ihn versorgenden Blutgefäße und vermindert oder unterbricht damit die Blutversorgung des Hodens. Das passiert ohne äußere Einwirkung und könnte im Schlaf, aber auch im Tagesverlauf oder beim Sport passieren. Am häufigsten kommt es bei Jungen zwischen 12 und 20 Jahren vor. Eine Verdrehung des Hodens macht sich mit plötzlich auftretenden, meist einseitigen, sehr starken Hodenschmerzen bemerkbar, die auch hoch in den Bauch ziehen können und zu Übelkeit sowie Kreislaufproblemen führen können. 

Wichtig: 
Wenn du starke Schmerzen hast, die nach 10-15 Minuten nicht deutlich abgeklungen sind, solltest du direkt in die Notaufnahme einer Klinik gehen, da die Gefahr besteht, dass das Hodengewebe absterben kann. Auch in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen.

Dabei ist es egal, ob du genau weisst, warum die Hoden wehtun oder nicht, eine Verdrehung kann man nämlich im Zweifel von außen nicht sehen! Bestätigt sich im Krankenhaus der Verdacht der Verdrehung, wird in einer Operation der Hoden wieder in seine Ausgangsposition zurückgelegt. Um den Hoden nicht zu gefährden, muss er innerhalb von 6-8 Stunden wieder durchblutet werden. In der Regel kann man wenige Stunden nach der Operation das Krankenhaus wieder verlassen.

Was ist wenn, die Hoden gar nicht oder nicht immer im Hodensack liegen oder hochrutschen?

Ein Hoden, der über längere Zeit nicht im Hodensack ist, kann einen Schaden davon tragen. Zum Beispiel ist das Risiko für Hodenkrebs erhöht. Die richtige Lage wird ab der Geburt von Kinderärzt*innen immer wieder überprüft und ein Hodenhochstand am besten schon im Kleinkindalter behandelt. In der Pubertät kann es bei bestimmten Bewegungen, Berührungen oder Kälte passieren, dass einer oder beide Hoden nicht immer im Hodensack liegen und Richtung Leiste rutschen. Das nennt man Pendelhoden. Das ist erstmal nicht schlimm, meistens kommt der Hoden von ganz alleine wieder zurück in den Hodensack, wenn der Reiz aufhört. Du kannst den Hoden auch selbst wieder in den Hodensack ziehen. Kommt es allerdings häufig vor, oder der Hoden gleitet schnell wieder zurück in Richtung Leiste, nachdem du ihn in den Hodensack gezogen hast (Gleithoden), solltest du in eine urologische Praxis gehen.
Als Faustregel kannst du dir merken: Beide Hoden müssen die meiste Zeit im Hodensack zu tasten sein, wenn das nicht der Fall ist, solltest du das untersuchen lassen.

Quellen

AWMF: Akutes Skrotum im Kindes- und Jugendalter. S2k-Leitlinie, AWMF-Register Nr. 006/023, Stand 08/2015.

Chalett J M, Nerenberg L T: "Blue Balls": A Diagnostic Consideration in Testiculoscrotal Pain in Young Adults: A Case Report and Discussion. Pediatrics 2000;106:843-844.

Chen G-X et al.: The effect of age and abstinence time on semen quality: a retrospective study. Asian Journal of Andrology 2022; 24:73–77.

Kinder-& Jugendärzte im Netz: Jungen sollten ab der Pubertät regelmäßig eine Selbstuntersuchung der Hoden durchführen. Pressemeldung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. vom 13.02.2019, https://www.kinderaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/jungen-sollten-ab-der-pubertaet-regelmaessig-eine-selbstuntersuchung-der-hoden-durchfuehren/ (abgerufen am 10.02.2023)

Köhn F-M, Schuppe H-C: Der Einfluss von Umweltfaktoren und Lebensstil auf die männliche Fertilität. Gynäkologe 2021 · 54:260–272.

Robert-Koch-Institut (RKI): Mumps (RKI-Ratgeber). Stand 2021 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/M/Mumps/Mumps.html?cms_box=1&cms_current=Mumps&cms_lv2=2394098 (abgerufen am 10.02.2023)

Schöller D, Pschyrembel Redaktion: Pollution, Stand 04/2016 https://www.pschyrembel.de/Pollution/K0HD6/doc/ (abgerufen 10.2.2023).

Steger K: Anatomische und physiologische Grundlagen der Fertilität und der sexuellen Funktion. In: Michel M S et al.(Hrsg.) : Die Urologie, Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg 2014.

Stier B: Hodenhochstand. In: Stier B: essentials Manual Jungenmedizin. Springer 2017; 31-36.

Werny F S, Schlatt S: Reproduktion. In: Schmidt R F, Lang F, Heckmann M (Hrsg.): Physiologie des Menschen. 31. Auflage 2010, Springer Heidelberg; 462-73. 

Stand 16. Februar 2023

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