Liebe, Sexualität und mehrGeschlecht & Geschlechts­identität – Wer bin ich?

Wir Menschen unterscheiden uns in vielen Merkmalen wie Haarfarbe, Körpergröße, Hautfarbe, Begabung oder Persönlichkeitsmerkmale.

Auch in Bezug auf Geschlecht sind wir vielfältig. Es gibt viel mehr als nur typisch Mädchen - typisch Junge. Hier kommt ein kurzer Überblick:

Das biologische Geschlecht...

... bezeichnet körperliche Merkmale, die bei der Einteilung in die medizinischen Kategorien „männlich“, „weiblich“, "inter" oder "divers" helfen.

Diese Merkmale können zum einen sichtbare oder nichtsichtbare Körperteile wie z.B. Vulva, Gebärmutter, Eierstöcke, Hoden oder Penis sein.
Unter "biologisches Geschlecht" wird auch häufig das Vorhandensein der Geschlechtschromosomen X und Y verstanden. Zweimal X, also XX, entspricht hier dem biologisch weiblichen, XY dem männlichen Geschlecht.
Und dann gibt es noch die Geschlechtshormone, die wiederum die äußerlich sichtbaren Geschlechtsmerkmale beeinflussen. Als weibliche Geschlechtshormone gelten die Östrogene und Gestagene (Progesteron), als männliche Geschlechtshormone die Androgene (auch Testosteron). Alle Menschen produzieren alle dieser Hormone, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß.

Gut zu wissen: Das "biologische Geschlecht" (engl. "sex") ist aufgrund der vielen "unsichtbaren" Komponenten (innere Geschlechtsorgane, Hormone, Chromosomen) kein trennscharfer Begriff.
Deutlicher ist der Begriff "zugewiesenes Geschlecht", da es das Geschlecht beschreibt, das einem Menschen bei seiner Geburt aufgrund seiner äußerlich sichtbaren Geschlechtsmerkmale zugewiesen wird.

Gendersymbol für 'cis-weiblich' 
Gendersymbol für 'cis-männlich'
Gendersymbol für Intergeschlechtlichkeit

Inter*/ intergeschlechtlich

... bezeichnet Menschen, die biologische Merkmale beider Geschlechter aufweisen oder deren körperliche Merkmale nicht in die medizinische Norm von "männlich" oder "weiblich" passen, sondern sich in einem Spektrum dazwischen bewegen. Möglich ist auch, dass der Körper zum Beispiel weiblich aussieht, obwohl die Geschlechtschromosomen männlich sind. „Inter“ kommt aus der lateinischen Sprache und bedeutet „zwischen“.

Gut zu wissen: Wenn das äußerlich sichtbare Geschlecht eines Kindes bei der Geburt nicht eindeutig "männlich" oder "weiblich" ist, besteht die Möglichkeit, in der Geburtsurkunde als Geschlecht „divers“ einzutragen oder den Eintrag über das Geschlecht freizulassen.

... und was bedeutet Geschlechtsidentität?

Die Geschlechtsidentität bezeichnet ein tiefgehendes persönliches Gefühl und eine
eigene Wahrnehmung, zu welchem Geschlecht man selbst gehört.
Dies ist für die Geschlechtszuordnung ausschlaggebend.

Auch hier sind neben „weiblich “und „männlich“ viele weitere Varianten möglich.

Cis(gender)

Wenn das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht und die Geschlechtsidentität übereinstimmen, bezeichnet man diese Menschen als „cis“. Bei den meisten Menschen ist dies der Fall. Die zugehörigen Gendersymbole findest du weiter oben im Abschnitt "biologisches Geschlecht".

Trans*(gender)

Dies ist ein Überbegriff für sehr viele verschiedene Identitäten. Im Wesentlichen beschreibt er Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht ganz oder gar nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das bei der Geburt festgelegt wurde. Menschen, die sich nicht eindeutig „männlich“ oder „weiblich“, oder wie eine Mischung aus beidem fühlen, bezeichnen sich selbst häufig als trans*, transgender oder queer. Eine Person, der bei der Geburt das Geschlecht "weiblich" zugewiesen wurde, sich aber als "männlich" identifiziert, bezeichnet sich häufig als Transmann. Eine Person, der bei der Geburt das Geschlecht "männlich" zugewiesen wurde, sich aber als "weiblich" identifiziert, bezeichnet sich häufig als Transfrau.

Achtung: 
Der Begriff "transsexuell" ist missverständlich, denn trans* sein hat nichts mit Sexualität zu tun, sondern mit Geschlechtsidentität. Passender ist es, von transgender, transidenten oder Trans*Personen zu sprechen.
Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung sind verschiedene Dinge! Trans* Personen können sich, genau wie cis oder nicht-binäre Personen, zu verschiedenen Geschlechtern hingezogen fühlen.
Außerdem ist der Begriff "transsexuell" für einige Menschen durch die Vergangenheit, in der "Transsexualität" in der Medizin und Psychologie als "Störung der Geschlechtsidentität" als etwas krankhaftes galt, negativ besetzt. Trans* zu sein ist eine Normvariante, keine Krankheit! Jedoch können durch die Diskriminierungen, denen Trans*Personen auch heutzutage noch ausgesetzt sind starke Belastungen entstehen, die bei einigen psychische Erkrankungen zur Folge haben können.

Gendersymbol für 'trans-männlich'
Gendersymbol für 'trans-weiblich'
Gendersymbol für 'nichtbinär' (auch für 'transgender' verwendet)

Nichtbinär

Binär bedeutet „zwei“, „paarweise“, „zweiteilig“. Die Einteilung von Geschlecht in die beiden Kategorien „männlich“ und „weiblich“ bezeichnet man als binär. Nichtbinär (oder auch non-binär, nonbinary oder genderqueer) beschreibt Menschen, die sich weder als Junge/Mann noch als Mädchen/Frau definieren.
Dabei kann es sein, dass die Person sich als Mischung dieser beiden Geschlechter bzw. auf einem Spektrum dazwischen identifiziert, oder sich keinem dieser Geschlechter zugehörig fühlt und ihre Geschlechtsidentität nicht zwischen, sondern außerhalb des binären Systems von Frau und Mann beschreiben würde.

Agender

Menschen, die sich als agender bezeichnen, fühlen sich keinem Geschlecht zugehörig oder geschlechtsneutral bzw. geschlechtslos.

Gut zu wissen:
Da die Geschlechtsidentität auch eng mit dem Geschlechtsausdruck nach außen und mit einer Rolle in der Gesellschaft verknüpft ist, wird sie auch als „soziales Geschlecht“ (im Englischen „gender“) bezeichnet.

"Queer" ist eine (positive) Selbstbezeichnung von Menschen, deren Identität nicht der heterosexuellen, cisgeschlechtlichen und / oder zweigeschlechtlichen Norm entspricht. Ihr Symbol ist die Regenbogenflagge, die nicht nur bunt (= vielfältig) ist, sondern als Brücke fungiert: eine Verbindung zwischen Menschen überall auf der Welt, die sich zusammengehörig fühlen.

... und: 
Viele Menschen sind cis (sind also das Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde) und heterosexuell (verlieben sich in Menschen eines anderen Geschlechts). Bei diesen Menschen sind die Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung oft so verwurzelt, dass es ihnen schwer fällt, sich vorzustellen, dass andere dies nicht so empfinden und nicht cisgeschlechtlich und / oder heterosexuell sind. Unterstützt durch die Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft führt dies oft zu Unverständnis, Abwehr und Ausgrenzung von queeren Menschen. Ihr wisst es jetzt besser: Tragt dazu bei, dass jede*r seine Persönlichkeit und Sexualität frei entfalten kann!

Quellen

Malliou Becher M-N et al: Varianten der Geschlechtsentwicklung in der Frauenheilkunde. Gynäkologische Endokrinologie 2021; 19:2–10.

Nordt S, Kugler T: Queer-inklusives pädagogisches Handeln eine Praxishilfe für Jugendeinrichtungen. Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg und Queerformat Fachstelle Queere Bildung. 2. Auflage 2021.

Sauer A: Agender. LSBTIQ-Lexikon. Grundständig überarbeitete Lizenzausgabe des Glossars des Netzwerkes Trans*Inter*Sektionalität. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2018. https://www.bpb.de/themen/gender-diversitaet/geschlechtliche-vielfalt-trans/500902/agender/ (abgerufen 23.02.2023).

WHO: FAQ on Health and Sexual Diversity - An Introduction to Key Concepts. Geneva: World Health Organization; 2016. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.

Stand 24. Februar 2023

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