Liebe, Sexualität und mehrHumane Papillomviren (HPV)
Humane Papillomviren sind sehr häufig. Fast jede sexuell aktive Person steckt sich im Laufe ihres Lebens damit an. Interessanterweise haben viele Menschen aber noch nie von diesen Viren gehört!
Was bedeutet “HPV” eigentlich und was ist das genau?
Der Name “Humane Papillomviren” oder kurz 'HPV' ist die medizinische Bezeichnung für eine Gruppe von Viren, die bei Menschen unterschiedliche Krankheiten auslösen können. Insgesamt gibt es über 200 verschiedene HP-Virustypen, die einfach durchnummeriert werden. Man kann dabei drei Gruppen unterscheiden. Die größte Gruppe kann zum Beispiel an der Haut harmlose Warzen auslösen - du hast solche Warzen vielleicht schon an Händen/Füßen gesehen oder sogar selbst gehabt. Die anderen beiden Gruppen mit insgesamt ungefähr 40 Typen sind vor allem sexuell übertragbar, deswegen gehören sie zur Gruppe der sexuell übertragbaren Infektionen - kurz STI (engl. sexually transmitted infections). Bei diesen 40 Virustypen unterscheidet man die Gruppe der Niedrigrisiko-Typen, die Feig- oder Genitalwarzen auslösen können, von den Hochrisikotypen, die zu Krebsvorstufen und Krebserkrankungen führen können.
Wie steckt man sich an?
Der häufigste Ansteckungsweg ist der Haut- und Schleimhautkontakt. Die ca. 40 HP-Virustypen, die sexuell übertragbar sind, können bei jeder Art von Sexualkontakt übertragen werden, also sowohl bei Vaginalsex, als auch bei Oral- oder Analsex. Auch schon beim allerersten Kontakt! Und sogar durch enge Körperkontakte wie intensives Küssen oder Petting können sich Menschen untereinander anstecken. Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass fast alle sexuell aktiven Menschen irgendwann mal Kontakt mit HP-Virustypen haben. Das Risiko für eine Ansteckung ist größer, wenn kleine Verletzungen vorhanden sind, durch die die Viren in den Körper eindringen können und an Körperstellen, an denen Haut in Schleimhaut übergeht. Das ist sowohl am Muttermund/Gebärmutterhals, Darmausgang und Penis, aber auch im Mund-/Rachenbereich der Fall.
Wie viele stecken sich an und wie viele werden krank?
Nochmal zur Erinnerung: HPV-Infektionen gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen weltweit. Bei jüngeren Menschen kommen die Viren viel häufiger vor als bei älteren. Die gute Nachricht: Die körpereigene Abwehr ist bei fast allen, nämlich bei ungefähr 8 von 10 Menschen, in der Lage, die Viren erfolgreich zu bekämpfen. Aber eben nur bei fast allen Menschen! Gelingt dies nicht, können bei Ansteckung mit Niedrigrisiko-Typen Genitalwarzen auftreten. Das passiert durchschnittlich nach 2-3 Monaten, kann aber schon nach 2 Wochen sein oder bis zu 8 Monate dauern. Bei den Hochrisiko-Typen wissen wir, dass jede 10. Person die Viren nicht rechtzeitig bekämpfen kann. Dann erkrankt man, ohne es zu bemerken, und kann in den folgenden 3-6 Jahren eine HPV-bedingte Krebsvorstufe z.B. am Muttermund oder Darmausgang entwickeln. Diese kann nur durch einen Abstrich mit anschließender mikroskopischer Untersuchung z.B. im Rahmen einer Krebsfrüherkennungsuntersuchungen entdeckt werden. Unbehandelte Krebsvorstufen können sich - je nach Schweregrad - noch in gesundes Gewebe zurückentwickeln, aber sie können in den folgenden 10 bis 30 Jahren auch zu Krebserkrankungen werden.
Mehr Infos über Genitalwarzen…
Ist man von Genitalwarzen (auch Feigwarzen genannt) betroffen, so zeigen sich zu Beginn einzelne Knötchen meist im Genitalbereich oder am Darmausgang, wo sie sich mit der Zeit ausbreiten können. Manchmal wird ihr Aussehen als “Blumenkohl-artig” beschrieben. Genitalwarzen sind ansteckend und verschwinden nur sehr selten ohne Behandlung. Gleichzeitig können die Warzen auch Beschwerden verursachen, da sie an der Unterwäsche scheuern oder jucken. Bei einem Besuch in der ärztlichen Praxis kannst du dich beraten lassen, was als Therapie in Frage kommt. Es gibt zum Beispiel bestimmte Cremes oder Lösungen, die regelmäßig auf die Warzen aufgetragen werden. Auch Laser, Kälte oder Strom werden zur Entfernung benutzt. Meist ist die Behandlung langwierig. Es gibt keine Erfolgsgarantie, und selbst wenn die Warzen entfernt wurden, können sie wiederkommen. Weltweit haben viele Menschen Genitalwarzen, nämlich ungefähr jede 100. Person zwischen 15 und 49 Jahren. Besonders bei Menschen zwischen 20 und 30 Jahren kommen diese Warzen häufig vor. In Zukunft wird diese Anzahl sicherlich immer weniger - vorausgesetzt, die Impfquote steigt.

Mehr Infos zu Krebsvorstufen und Krebserkrankungen…
Alle Menschen können unabhängig vom Geschlecht HPV-bedingte Krebserkrankungen bekommen. Glücklicherweise führt nicht jede Ansteckung mit Hochrisiko-HP-Virustypen zu Krebs, aber pro Jahr erkranken in Deutschland circa 6250 Frauen und circa 1600 Männer an HPV-bedingtem Krebs. Und noch viel häufiger werden Krebsvorstufen festgestellt. Informationen zu den verschiedenen Krebserkrankungen findest du hier:
Gebärmutterhalskrebs
Krebs am Gebärmutterhals, also am “Eingang” in die Gebärmutter, ist die häufigste Krebsart, die durch HPV ausgelöst werden kann. Weil zu dieser Krankheit viel geforscht wurde, weiß man schon vieles darüber:
- Beim Gebärmutterhalskrebs entwickelt sich immer zuerst eine Krebsvorstufe, aus der später die Krebserkrankung entstehen kann.
- Jede 10. Person, deren Körperabwehr die Hochrisikotypen nicht bekämpfen kann, entwickelt eine sogenannte “höhergradige” Krebsvorstufe.
- Ungefähr jede 2.-3. höhergradige Krebsvorstufe wird innerhalb der folgenden Jahre zu einer Krebserkrankung.
Um solche Zellveränderungen zu entdecken, gibt es für alle Frauen ab 20 Jahren das Angebot, einmal pro Jahr eine Früherkennungsuntersuchung in frauenärztlichen Praxen wahrzunehmen. Wird bei dieser Untersuchung auffälliges Gewebe entdeckt, dann wird man meist nach 3 Monaten zu einer Kontrolluntersuchung eingeladen. Oftmals “repariert” der Körper das auffällige Gewebe, aber in manchen Fällen ist es notwendig, einen kleinen Teil des Gebärmutterhalses zu entfernen. Werden die betroffenen Frauen später schwanger, steigt das Risiko, dass das Kind möglicherweise zu früh zur Welt kommt (Frühgeburt), weil der durch die Entfernung von Gewebe etwas kürzere Gebärmutterhals nicht ganz so fest verschlossen ist. Wird das auffällige Gewebe erst dann entdeckt, wenn schon eine Krebserkrankung entstanden ist, kann man die Mehrzahl der Frauen trotzdem heilen. Aber die dann notwendigen Operationen und Chemotherapien und/oder Bestrahlungen können dazu führen, dass sie keine Kinder mehr bekommen können. Und leider kann nicht jede Frau geheilt werden: Pro Jahr sterben ca. 1500 Frauen in Deutschland an Gebärmutterhalskrebs.
Krebs im Mund-Rachenraum
Im Mund-Rachenraum gibt es viele unterschiedliche Bereiche wie die Mundhöhle, die Zunge, den Rachen usw.. Je nachdem, welcher Bereich betroffen ist, kann es sehr unterschiedliche Krebserkrankungen geben. Ein Teil von ihnen wird durch HP-Viren verursacht. Meist steckt man sich - wie bei den anderen HPV-bedingten Krebserkrankungen auch - beim Sex an und bemerkt die Infekton nicht. Im Laufe der Zeit können auch im Mund-Rachenraum Krebserkrankungen entstehen. Leider gibt es hierfür keine Krebsfrüherkennungsmöglichkeiten, da bisher keine Krebsvorstufen bekannt sind. Deswegen empfiehlt man, auch bei Oralverkehr, also bei Sex mit dem Mund, ein Kondom oder ein Lecktuch zu benutzen. So ist das Risiko geringer, sich mit HPV oder anderen sexuell übertragbaren Infektionen im Mundraum anzustecken.
Krebs am Darmausgang
Krebserkrankungen am Darmausgang werden fast immer durch eine Ansteckung mit HP-Viren ausgelöst. Die Ansteckung kann zum Beispiel bei Analverkehr (Sex, bei dem die Darmöffnung benutzt wird) stattfinden. Um deinen Körper insgesamt vor sexuell übertragbaren Infektionen (STI) zu schützen, solltest du bei Analverkehr unbedingt ein Kondom benutzen, denn dies senkt das Ansteckungsrisiko deutlich. Krebserkrankungen am Darmausgang sind insgesamt eher selten. Das Risiko steigt aber, wenn man häufig Analverkehr mit wechselnen Menschen hat, oder die eigene Körperabwehr nicht gut funktioniert. Menschen, die ein höheres Risiko haben, sollten sich regelmäßig alle 1-3 Jahre ärztlich untersuchen lassen, um möglichst schon die Krebsvorstufen zu entdecken.
Krebs an der Vulva und an der Vagina
Krebserkrankungen an Vulva und Vagina entstehen eher bei älteren Menschen. Allerdings erkranken in den letzten Jahren auch immer mehr jüngere Personen an einem Vulvakarzinom, also an Krebs im Bereich der Vulva. Auch hier wird der Großteil mit HP-Viren in Verbindung gebracht. Es gibt aber auch Krebserkrankungen an Vulva und Vagina, die unabhängig von HPV entstehen. Eine Früherkennungsuntersuchung, die speziell nach Krebs an Vagina und Vulva sucht, gibt es zwar nicht, aber durch die Teilnahme an der jährlichen Früherkennungsuntersuchung wegen Gebärmutterhalskrebs besteht die Chance, dass solche Vorstufen und Krebserkrankungen auch entdeckt werden.
Krebs am Penis
Wird eine Krebserkrankung am Penis festgestellt, so ist in ungefähr der Hälfte der Fälle die Ursache, dass man sich mit HP-Viren vom Hochrisiko-Typ angesteckt hat. Im Laufe der Zeit hat sich daraus eine Krebsvorstufe und 10-30 Jahre später eine Krebserkrankung daraus entwickelt, meistens bei älteren Menschen. Insgesamt ist Peniskrebs eine seltene Krebserkrankung.
Wie kannst du dich vor HP-Viren schützen?
Ganz einfach: Indem du dich gegen HPV impfen lässt!
Denn die Impfung ist der beste Schutz gegen eine HPV-Infektion und damit auch gegen Genitalwarzen und durch HPV ausgelöste Krebserkrankungen! Die Impfung wird allen Kindern und Jugendlichen zwischen 9 und 14 Jahren empfohlen, kann aber auch nachgeholt werden, wenn du diesen Zeitraum verpasst. Willst du mehr über die HPV-Impfung wissen? Dann schau dich doch mal hier um! Was schützt dich über die Impfung hinaus?
- Rauchen erhöht das Risiko für alle oben genannten Krebserkrankungen deutlich. Also: fang gar nicht erst damit an, denn Rauchen schädigt deinen gesamten Körper.
- Kondome und Lecktücher senken das Risiko auf jeden Fall, aber da sie nicht die gesamte Haut im Genitalbereich abdecken, bleibt trotzdem ein Ansteckungsrisiko bestehen. Weil die HP-Viren an sehr unterschiedlichen Körperstellen Krebs auslösen können, gehören Kondome und Lecktücher auch bei Oral- oder Analverkehr dazu!

Das war jetzt ganz schön viel Info auf einmal? Dieses Video fasst die wichtigsten Inhalte zusammen. Übrigens kannst du auch arabische, türkische, russische, ukrainische und englische Untertitel aktivieren, wenn du möchtest.
Quellen
AWMF: Analkarzinom. S3- Leitlinie, AWMF-Register Nr.: 081/004OL, 2020.
AWMF: Diagnostik, Therapie, Prävention und Nachsorge des Oro- und Hypopharynxkarzinoms. S3- Leitlinie, AWMF-Register Nr.: 017-082OL, 2024.
AWMF: Diagnostik, Therapie, Prävention und Nachsorge des Vaginalkarzinoms und seiner Vorstufen. S2k- Leitlinie, AWMF-Register Nr.: 032/042, 2018.
AWMF: Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien. S3- Leitlinie, AWMF-Register Nr.: 082-002, 2020.
López N et al.: HPV knowledge and vaccine acceptance among European adolescents and their parents: a systematic literature review. Public Health Reviews 2020; 41:10.
Robert-Koch-Institut (RKI): Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Erreger und Impfung. Stand 12.9.2022 https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/HPV/FAQ-Liste_HPV_Impfen.html(abgerufen am 06.06.2024).
RKI (Robert Koch Institut): Humane Papillomviren. RKI-Ratgeber Stand 28.06.2018; https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/H/HPV/Papillomaviren.html (abgerufen 06.06.2024).
Stand 19. Dezember 2024
Mehr zum Thema Sexualität und Verhütung...
Du hast noch weitere Fragen?
Dann schreib uns gerne! Wir freuen uns darüber und werden versuchen,
bald einen Beitrag zu deinem Thema zu posten!
Schau doch einfach regelmäßig vorbei, ob die Antwort auf deine Frage schon dabei ist!
Deine Ärzt*innen der ÄGGF